(Stuttgart) Ehescheidungsverfahren können nicht gleichzeitig vor einem deutschen Familiengericht und vor einem Scharia-Gericht im Libanon betrieben werden.

Darauf verweist der Hammer Fachanwalt für Familienrecht Caspar Blumenberg, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die entsprechende Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 31.01.2017 zu seinem Beschluss vom 06.01.2017 (3 UF 106/16).

Die verfahrensbeteiligten Eheleute, der 28 Jahre alte Ehemann und die 24 Jahre alte Ehefrau, stammen aus dem Libanon. Im Oktober 2009 schlossen sie die Ehe vor einem sunnitischen Scharia-Gericht im Libanon. Anschließend lebten die Eheleute in Deutschland. Nach der Geburt einer Tochter im November 2013 trennten sich die Eheleute im Juli 2014. Im April 2015 beantragte die Ehefrau die Ehescheidung wegen nachgewiesenen Verschuldens des Ehemanns („al tafreeq“) und die Leistung einer Abendgabe beim zuständigen Scharia-Gericht in Jiyeh (Libanon). Im September 2015 stellte sie einen Scheidungsantrag beim Amtsgericht – Familiengericht – Herne, aufgrund dessen Zustellung an den Ehemann im Dezember 2015 ein deutsches Scheidungsverfahren rechtshängig wurde. In diesem hat der Ehemann die Zurückweisung des Scheidungsantrags beantragt, weil er nicht geschieden werden wolle und im Libanon zu Unrecht auf Zahlung einer Abendgabe verklagt worden sei.

Nachdem die Ehefrau bei ihrer Anhörung durch das Familiengericht Herne im Mai 2016 angegeben hatte, im Libanon laufe noch ein Verfahren auf ʺTrennung und Zahlung der Brautgabeʺ, hat das Familiengericht die beantragte Scheidung ausgesprochen und die Durchführung des Versorgungsausgleichs angeordnet. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Ehemanns war – vorläufig – erfolgreich. Der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat den erstinstanzlichen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats an das Familiengericht Herne zurückverwiesen.

Dem deutschen Ehescheidungsverfahren stehe, so der Senat, ein Verfahrenshindernis entgegen, der den angefochtenen Beschluss unzulässig mache. Die Ehefrau sei beim Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem deutschen Familiengericht aus prozessualen Gründen daran gehindert gewesen, einen zulässigen und wirksamen Scheidungsantrag zu stellen. Zwar seien das deutsche Familiengericht und ihm folgend der Senat für Scheidungsverfahren wie das vorliegende grundsätzlich international zuständig und auch befugt, eine nach dem Scharia-Recht im Libanon geschlossene Ehe zu scheiden. Hieran seien das Familiengericht und der Senat indes im vorliegenden Fall aufgrund des parallelen, von der Ehefrau im Libanon vor dem Scharia-Gericht anhängig und rechtshängig gemachten Ehescheidungs- und Morgengabeverfahrens gehindert. Die Überprüfung der zu diesem Verfahren vorgelegten Urkunden habe ergeben, dass die Ehefrau in dem Verfahren ebenfalls die Scheidung begehre und das Scheidungsverfahren vor dem Scharia-Gericht früher durch Zustellung des Antrags an den Ehemann rechtshängig geworden sei als das deutsche Scheidungsverfahren. Dem deutschen Ehescheidungsverfahren stehe deswegen der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit entgegen. Es sei auszusetzen und könne erst nach dem Abschluss des Ehescheidungs- und Morgengabeverfahrens im Libanon fortgesetzt werden.

Blumenberg empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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