(Stuttgart) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat soeben die Urteile der Sportgerichte gegen FC Rot-Weiß Salem e.V. betreffend sechs Verbandsspiele in der Saison 2011/2012 für unwirksam erklärt.

Darauf verweist der Münchner Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Quirling, Leiter des Fachausschusses „Sportrecht“ des VDA – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf eine Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 8.11.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. 9 U 97/12.

 

Der klagende FC Rot-Weiß Salem e.V. ist Mitglied des beklagten Südbadischen Fußballverbandes. Der Kläger nahm mit seiner Herrenmannschaft in der Bezirksliga Bodensee in der Saison 2011/2012 an sechs Begegnungen zwischen dem 03.09.2011 und dem 13.11.2011 teil. Zum Einsatz kam auch der Spieler A., der zwar über einen Spielerpass verfügte und damit spielberechtigt war, diesen aber nicht unterschrieben hatte. Das war vor den Spielen nicht beanstandet worden. Nach einem Spiel der Herrenmannschaft am 19.11.2011 legte die spielleitende Behörde des Bezirks Bodensee Einspruch gegen die Wertung der Spiele ein, in denen der Spieler A. eingesetzt worden war. Diesem Einspruch hat das Bezirkssportgericht Bodensee stattgegeben und die sechs Verbandsspiele mit 0:3 Toren und 0 Punkten für den Kläger als verloren und mit 3:0 Toren und 3 Punkten für den jeweiligen Gegner als gewonnen gewertet. Die Berufung des Klägers gegen diese sportgerichtliche Entscheidung hat das Verbandsgericht als unbegründet zurückgewiesen. Der Punkteabzug hatte für den Kläger erhebliche negative Konsequenzen in der Tabelle. Der Kläger hat danach Klage zum Landgericht Freiburg mit dem Antrag erhoben, die sportgerichtlichen Urteile aufzuheben und den beklagten Fußballverband zur Neuwertung zu verurteilen.

Das Landgericht hat die Urteile der Sportgerichte aufgehoben und den beklagten Fußballverband verurteilt, die sechs Spiele ihrem tatsächlichen Ergebnis entsprechend zu werten sowie die verhängte Geldstrafe und die Verfahrensgebühren zurückzuerstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der von der spielleitenden Stelle des Beklagten erhobene Einspruch verspätet und damit unzulässig gewesen sei, weil die einwöchige Einspruchsfrist für Vereine in § 15 Abs. 4 der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO) des Fußballverbandes überschritten gewesen sei.

 

Die dagegen gerichtete Berufung des beklagten Fußballverbandes zum Oberlandesgericht Karlsruhe ‑ Außensenate in Freiburg ‑ war überwiegend erfolglos, so Prof. Quirling.

 

Der 9. Zivilsenat hat festgestellt, dass die Urteile des Bezirkssportgerichtes und des Verbandsgerichts des Beklagten unwirksam sind. Im Übrigen – bezogen auf den Antrag auf Aufhebung der sportgerichtlichen Entscheidungen und Verurteilung zu einer bestimmten Spielwertung – hat es die Klage abgewiesen.

Der Senat hat ausgeführt, dass die beiden sportgerichtlichen Entscheidungen, die nicht die Einhaltung der Fußballregeln im engeren Sinn beträfen, sondern die verbandseigenen Bestimmungen, von den staatlichen Gerichten voll darauf zu überprüfen sind, ob sie eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hätten, ob das Verfahren der eigenen Verfahrensordnung des Verbandes und elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen entspreche und ob die der Bestrafung zugrundeliegenden Tatsachen fehlerfrei ermittelt worden seien. Bei sozial mächtigen Verbänden wie dem Beklagten seien die vereinsrechtlichen Regelwerke unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auch auf ihre inhaltliche Angemessenheit zu prüfen. Dieser Kontrolle hielten die sportgerichtlichen Entscheidungen nicht stand.

 

Das sportgerichtliche Verfahren sei allerdings nicht zu beanstanden, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Einspruch der spielleitenden Stelle nicht verfristet gewesen, da für diese eine besondere 9-monatige Frist nach §§ 15 Ziff. 4, 10 Ziff. 4 RuVO gelte. Die von den Sportgerichten verhängten Strafen hätten aber keine wirksame Grundlage im Regelwerk des beklagten Fußballverbandes, der RuVO und der Spielordnung (SpO).Nach § 38 Ziff. 1 RuVO werde der Einsatz eines nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers mit einer Geldstrafe von 50,00 EUR bis 200,00 EUR geahndet. Außerdem seien Verbandsspiele gemäß § 38 Ziff. 2 S. 1 RuVO dem Gegner als gewonnen und dem Verein, der den nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spieler eingesetzt habe, als verloren zu werten. Diese Sanktion werde in § 46 Ziff. 1 a SpO wiederholt und in § 46 Ziffer 2 SpO dahin konkretisiert, dass das Spiel mit 0:3 Toren gewertet werde, wenn die Tordifferenz des tatsächlichen Endstandes weniger als 3 betrage. Diese Strafbestimmungen erfassten auch den Fall hier, indem der eingesetzte Spieler materiell spielberechtigt gewesen sei und seine fehlende Einsatzberechtigung vor dem Spiel weder vom Schiedsrichter noch von der gegnerischen Mannschaft beanstandet worden sei. Insoweit hielten sie der Inhaltskontrolle nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht stand. Grundsätzlich sei es nicht zu beanstanden, dass der Einsatz eines nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers mit Geldstrafe und Spielverlust bestraft werde, denn der Beklagte sei als Veranstalter für einen geordneten Spielbetrieb und insbesondere für die Herstellung gleicher Start- und Wettkampfbedingungen verantwortlich. Dazu könne und müsse er die Teilnahmeberechtigung regeln und die Durchsetzung dieser Regeln gewährleisten. Diese zwingenden Strafen seien aber dann nicht angemessen, wenn wie hier der eingesetzte Spieler materiell spielberechtigt gewesen sei und seine fehlende Einsatzberechtigung vor dem Spiel nicht beanstandet worden sei. In diesem Fall sei nämlich das berechtigte Interesse des Verbandes an der Herstellung gleicher Start- und Wettkampfbedingungen weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigt. Der betroffene Verein habe dann nämlich weder einen nicht spielberechtigten Spieler eingesetzt und sich damit einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschafft, noch habe er die mit den Bestimmungen zur Einsatzberechtigung geschützte Kontrolle der Spielberechtigung verhindert. Die Kontrolle sei vielmehr ohne Beanstandung verlaufen. Der vorgeschriebene Nachweis der Spielberechtigung sei also entweder nicht oder nicht hinreichend kontrolliert oder für entbehrlich erachtet worden. In beiden Fällen habe sich der Verstoß gegen diese Bestimmung nicht auf die Überprüfung ausgewirkt, sondern lediglich die abstrakte Kontrollmöglichkeit des Schiedsrichters beeinträchtigt. Das genüge aber nicht um eine Bestrafung wegen fehlender Einsatzberechtigung zu rechtfertigen. Denn der förmliche Nachweis der Spielberechtigung sei kein Selbstzweck, sondern nur dazu bestimmt, die zur Gewährleistung gleicher Wettkampfbedingungen erforderliche Kontrolle zu ermöglichen. Deshalb sei die Unwirksamkeit der sportgerichtlichen Entscheidungen festzustellen.

Allerdings komme eine Aufhebung der sportgerichtlichen Entscheidungen nicht in Betracht, dazu seien die staatlichen Gerichte nicht berufen, der beklagte Verband könne auch nicht zu einer bestimmten Spielwertung verurteilt werden, denn die Wertung der Verbandsspiele obliege nicht den staatlichen Gerichten, sondern dem beklagten Verband. Die Revision ist nicht zugelassen worden.

 

Prof. Quirling riet, in allen Zweifelsfällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dazu u. a. auch auf die im VDA – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V. – www.verband-deutscher-anwaelte.de – organisierten Anwälte und Anwältinnen verwies.

 

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