(Stuttgart) Immer mehr Unternehmen setzen auf moderne Raumkonzepte, um Flexibilität und Effizienz zu steigern. Doch wie sieht es mit den Rechten des Betriebsrats aus?
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat kürzlich klargestellt, dass die Einführung von Desk-Sharing und einer Clean Desk Policy nur in Teilbereichen mitbestimmungspflichtig ist.
Was genau das für den einzelnen Betrieb bedeutet, erläutert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.
- Raumkonzepte auf dem Prüfstand: Der Betriebsrat mischt mit!
Unternehmen stehen heute vor neuen Herausforderungen, die flexible Lösungen im Büro erfordern. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber neue Konzepte wie Desk-Sharing und eine Clean Desk Policy einführen möchte? Im vorliegenden Fall glaubte der Betriebsrat, bei diesen Änderungen ein Mitspracherecht zu haben – der Arbeitgeber hingegen war anderer Meinung.
- Was passiert, wenn sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einigen?
Wenn beide Parteien unterschiedlicher Auffassung über das Mitbestimmungsrecht sind, bleibt oft nur der Weg über eine gerichtliche Einigungsstelle. Diese soll möglichst schnell zu einer Lösung führen. Im aktuellen Fall hat das LAG Baden-Württemberg klargestellt, dass der Betriebsrat in bestimmten Teilbereichen tatsächlich ein Mitbestimmungsrecht hat. Doch was genau bedeutet das?
- Der Auslöser:
In einem Unternehmen, in dem bereits Großraumbüros mit festen Arbeitsplätzen existierten, plante der Arbeitgeber im Oktober 2023 die Einführung von Desk-Sharing und einer Clean Desk Policy. Der Betriebsrat wurde informiert und forderte auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes (§ 87 BetrVG) seine Beteiligung. Doch der Arbeitgeber sah das anders. Das Ergebnis? Der Fall landete vor Gericht.
- Das Urteil: Mitbestimmung ja – aber nur in Teilbereichen!
Das LAG Baden-Württemberg korrigierte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Heilbronn, das den Antrag des Betriebsrats zuvor abgelehnt hatte. Die Richter entschieden: Zwar ist die Einführung eines Desk-Sharing-Modells und einer Clean Desk Policy grundsätzlich nicht als Ganzes mitbestimmungspflichtig, jedoch gibt es zwei wichtige Teilbereiche, in denen der Betriebsrat mitreden darf.
- Persönliche Gegenstände: Darf der Arbeitgeber alles regeln?
Ein entscheidender Punkt: Die Regeln rund um persönliche Gegenstände der Mitarbeitenden. Hier sah das Gericht durchaus einen Mitbestimmungsanspruch des Betriebsrats. Wenn der Arbeitgeber vorgibt, welche persönlichen Dinge wie Fotos oder Pflanzen mitgebracht werden dürfen und wie diese aufzubewahren sind, könnte dies das Ordnungsverhalten im Betrieb betreffen. Und genau hier hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitspracherecht.
- Gemeinsame Räume für Arbeit und Pause – Wie wirkt sich das auf die Mitbestimmung aus?
Ein weiterer Aspekt, der das Gericht beschäftigte, war die sogenannte „überlagernde Nutzung“ von Büroräumen – also Flächen, die sowohl für Arbeit als auch für Pausen genutzt werden. Hier könnte das betriebliche Zusammenleben betroffen sein, was ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht auslösen könnte. Auch wenn die Vorgaben des Arbeitgebers in erster Linie das Arbeitsverhalten regeln sollen, sieht das Gericht hier die Möglichkeit, dass das Ordnungsverhalten im Betrieb berührt wird.
- Fazit:
Das LAG Baden-Württemberg hat klargestellt: Nicht jede Maßnahme zur Umgestaltung von Büroflächen ist mitbestimmungspflichtig. Doch in sensiblen Bereichen wie der Regelung persönlicher Gegenstände oder der Nutzung von gemeinsamen Flächen für Arbeit und Pausen, kann der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht haben. Wenn diese Punkte berührt sind, muss eine Einigungsstelle eingesetzt werden, um eine Lösung zu finden.
Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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