(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Januar 2025 – VII ZR 123/24 klargestellt, dass die Überschneidung von Vertragserfüllungs- und Mängelsicherheit zur Übersicherung führen kann.

Vorliegend waren in AGBs die Voraussetzungen der Abnahme sowie der Gestellung und Rückgabe der Sicherheit geregelt.

  1. Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben. Das ist etwa der Fall, wenn sich aus den vom Auftraggeber gestellten formularmäßigen Vertragsbestimmungen eines Bauvertrags – für sich genommen oder in ihrem Zusammenwirken – ergibt, dass der Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Mängelansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit leisten muss, die jedenfalls nicht unwesentlich über 5% der Auftragssumme liegt.
  2. Eine solche, der Höhe nach unangemessene Sicherheit kann sich dabei insbesondere daraus ergeben, dass nach dem Klauselwerk eine Sicherheit für die Vertragserfüllung, die auch nach Abnahme bestehende Mängelansprüche des Auftraggebers sichern soll, noch längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss, während zugleich eine Sicherheit für Mängelansprüche verlangt werden kann, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Sicherheiten kommt und dem Auftraggeber für etwaige Mängelansprüche sowohl die Sicherheit für die Vertragserfüllung als auch die Sicherheit für Mängelansprüche zur Verfügung steht.

So knüpft § 13.2 Satz 1 die Rückgabe der Sicherheit nach § 13.1 zum einen an die Abnahme, die ihrerseits in § 11.2 an bestimmte zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist, und zum anderen an die Voraussetzung der Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung an. Weitere Rückgabevoraussetzung ist die „Gestellung der Sicherheit für Mängelansprüche“, wobei sich der Regelung nicht entnehmen lässt, dass diese „Gestellung“, wie die Klägerin meint, auch bereits in dem Einbehalt des Auftraggebers in Höhe der 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme liegen kann. Vielmehr wird – ausdrücklich abweichend von § 17 Abs. 3 VOB/B – in § 13.3 Satz 2 GU-Vertrag auf „Mängelhaftungsbürgschaften gemäß Muster“ abgestellt und dem Auftragnehmer insoweit gerade kein Wahlrecht belassen.

  • Problematisch hieran ist insbesondere schon, dass bereits die „Abnahme“ selbst in § 11.2 des GU-Vertrags an qualifizierte Voraussetzungen geknüpft wird, die über die gesetzlichen Voraussetzungen der Abnahmereife hinausgehen, nämlich an die Übergabe der dort genannten Unterlagen, ohne danach zu differenzieren, ob es sich dabei um wesentliche oder unwesentliche Restleistungen handelt. Außerdem nimmt § 11.2 Satz 3 (8) mit der Pflicht des Auftragnehmers zur Übergabe der „Einweisungsprotokolle für Nutzer“ an den Auftraggeber letztlich auf § 3.6.6 des GU-Vertrags Bezug, worin es heißt: „Der AN weist das Bedienungspersonal des AG, und/oder der Käufer und/oder der künftigen Verwalter, insbesondere die Hausmeister nach deren Bestellung, in die Bedienung der technischen Anlagen im erforderlichen Umfang, auch nach Fertigstellung und ggfs. mehrmals (max.2), ein.“ Hiernach bleibt weitgehend unklar, welche Einweisungen erfolgt und durch Einweisungsprotokolle belegt werden müssen, um die Abnahmevoraussetzungen zu schaffen. Schon dies birgt die Gefahr in sich, dass die Abnahme seitens des Auftraggebers (der Klägerin) trotz vorhandener Abnahmereifewegen des Fehlens (nicht ausschließbar) unwesentlicher Unterlagen oder Einweisungen hinausgezögert wird, und dass deshalb die Vertragserfüllungssicherheit nach § 13.1 trotz bereits von der Auftragnehmerin (Z. GmbH) erbrachter Mängelgewährleistungsbürgschaft oder – in Ermangelung dessen – vorhandenen weiteren 5 %-Einbehalts (§ 13.3 Satz 3 des GU-Vertrags) für einen ungewissen, nicht unerheblichen Zeitraum nicht zurückgegeben werden muss. Fundstelle: IBR 2024, 291

Dies, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, gilt es stets im Rahmen der Bauabwicklung zu beachten, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. verwies. 

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