(Stuttgart) Viele Jecke freuen sich nach längerer Pause darauf, dass Karneval wieder wie gewohnt gefeiert werden kann. Die wichtigsten Tage der 5. Jahreszeit stehen vor der Tür und Rosenmontagszüge und andere karnevalistische Veranstaltungen finden dieses Jahr statt.
Aber, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, was gilt im Karneval eigentlich arbeitsrechtlich?
- Rosenmontag am 20. Februar 2023
Vor allem in Köln und Umgebung wird in vielen Unternehmen an Karneval, Fastnacht oder Fasching üblicherweise nicht gearbeitet. Teilweise stellen Arbeitgeber Ihre Mitarbeiter an diesem Tag ganz oder teilweise von der Arbeit frei. Aber gibt es hierauf einen grundsätzlichen Anspruch?
- Rosenmontag ist kein Feiertag: Wer feiern will, muss Urlaub nehmen
Wer glaubt, dass Unternehmen verpflichtet sind ihren Beschäftigten bezahlte Freistellung zu gewähren, liegt schonmal falsch, denn: Grundsätzlich sind Unternehmen nicht verpflichtet, ihren Mitarbeitern freizugeben, denn Rosenmontag ist zwar mancherorts langjähriges Brauchtum, aber kein gesetzlicher Feiertag. Die Karnevalstage gelten damit als normale Arbeitstage. Wer hier frei haben möchte, muss Urlaub nehmen.
Eingereichter Urlaub muss dabei immer durch den Arbeitgeber gewährt werden. Arbeitnehmende, die ohne Zustimmung nicht zur Arbeit erscheinen oder einfach „krankfeiern“ riskieren eine Abmahnung oder könnten im Zweifel sogar gekündigt werden.
- Anspruch auf Freistellung aus betrieblicher Übung, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag?
Manche Unternehmen geben Ihren Mitarbeitern jedoch an Weiberfastnacht oder an Rosenmontag einen halben oder sogar einen ganzen Tag frei, und das bezahlt. Hierbei handelt es sich zunächst erstmal um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, welche ganz in seinem Ermessen liegt. Auch hier ergibt sich zunächst kein Anspruch des Mitarbeitenden, es sei denn, diese Leistung ist beispielsweise im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung explizit geregelt, was meistens jedoch nicht der Fall sein wird. Möglicherweise hat sich mit der Zeit jedoch eine sogenannte „betriebliche Übung“ entwickelt, aus welcher sich für Beschäftigte ein Anspruch ergeben könnte.
Volker Görzel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht dazu:
Ein Anspruch auf Freistellung am Rosenmontag aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung kann bestehen, wenn das Unternehmen beispielsweise den Rosenmontag regelmäßig über Jahre hinweg frei gegeben hat und der Arbeitgeber dabei nie gegenüber seinen Beschäftigten klargestellt hat, dass er dies nur unter Vorbehalt tut. Ohne diese Klarstellung dürfen Arbeitnehmende dann im Zweifel annehmen, dass diese Leistung regelmäßig gewährt wird.
Um derartige Unklarheiten auf beiden Seiten zu vermeiden, sollte schriftlich festgehalten werden, was konkret gewollt ist. Hier sind die Formulierungen so eindeutig wie möglich zu wählen. Beispielsweise „In diesem Jahr haben wir uns dazu entschieden, den Betrieb am Rosenmontag zu schließen. Für das kommende Jahr behalten wir uns eine andere Entscheidung ausdrücklich vor.“
- BAG-Entscheidung über freien Rosenmontag aufgrund betrieblicher Übung – Golfkrieg & Coronapandemie
Ansprüche aus betrieblicher Übung werden zum Bestandteil des Arbeitsvertrags und Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten entsprechend weiterhin freigeben. Doch was gilt, wenn Unregelmäßigkeiten auftreten? Zuletzt sind die närrischen Tage wegen der Coronapandemie ausgefallen, in weiter zurückliegender Vergangenheit ebenso wegen stürmischen Wetters oder des Golfkriegs. Können Arbeitgeber den Anspruch aus betrieblicher Übung verweigern, wenn der ursprüngliche Anlass für die Freistellung – das Feiern von Fastnacht oder Karneval – ausfällt?
Das BAG hatte hierzu bereits in 1991 eine Grundsatzentscheidung gefällt, welche bis heute gilt: Auch dann, wenn der übliche Karnevalsumzug/ die eigentliche Tradition ausfällt, bleibt der Anspruch auf Freistellung aus betrieblicher Übung bestehen.
- Beschäftigte im öffentlichen Dienst dürfen nicht auf freiwillige Leistungen vertrauen
Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst sieht es allerdings etwas anders aus: Generell gelten die Grundsätze der betrieblichen Übung laut Bundesarbeitsgericht hier nur eingeschränkt, was bedeutet, dass dort Beschäftigte nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihr Arbeitgeber Ihnen Leistungen gewährt, zu denen er per Gesetz nicht verpflichtet ist.
Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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