Pressemitteilungen
BFH konkretisiert Rechtsprechung zu steuerschädlichen Vorbehalten in Bezug auf eine Pensionszusage
(Kiel) Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur in eng begrenzten Fällen zulässig.
Dies, so der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. in Kiel, unter Bezug auf die entsprechende Pressemitteilung vom 16.03.2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 06.12.2022 – IV R 21/19 entschieden.
Im Streitfall hatte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt und für die hieraus resultierenden Verpflichtungen sog. Pensionsrückstellungen gebildet. Einzelheiten waren in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Die Höhe der Versorgungsleistungen ergab sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer „Transformationstabelle“ abzuleiten waren. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte sich vorbehalten, u.a. diese Transformationstabelle einseitig ersetzen zu können. Wegen dieses Vorbehalts erkannte das Finanzamt die sog. Pensionsrückstellungen nicht an, so dass es in den Streitjahren jeweils zu Gewinnerhöhungen kam.
Auch der BFH sah den Vorbehalt als steuerschädlich an. Die Bildung einer Pensionsrückstellung sei steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiere, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestatte. Demgegenüber seien uneingeschränkte Widerrufsvorbehalte, deren arbeitsrechtliche Gültigkeit oder Reichweite zweifelhaft oder ungeklärt sei, steuerrechtlich schädlich. Auch im Streitfall sei dies der Fall, da der Vorbehalt eine Änderung der Pensionszusage in das Belieben des Arbeitgebers stelle. Der Vorbehalt sei keiner in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe zuzuordnen, bei der ein Abschlag ausgeschlossen sei.
Passau empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de - verwies.
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Jörg Passau
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BAG zu verschieden hohen tariflichen Zuschlägen bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit
(Stuttgart) Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist, der aus dem Tarifvertrag erkennbar sein muss.
Ein solcher kann darin liegen, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen.
Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu seinem Urteil vom 22. Februar 2023 – Az.: 10 AZR 332/20 –.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Getränkeindustrie. Die Klägerin leistete dort im Streitzeitraum Nachtarbeit im Rahmen eines Wechselschichtmodells. Im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt der Manteltarifvertrag zwischen dem Verband der Erfrischungsgetränke-Industrie Berlin und Region Ost e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Hauptverwaltung vom 24. März 1998 (MTV). Der MTV regelt, dass der Zuschlag zum Stundenentgelt für regelmäßige Nachtarbeit 20 % und für unregelmäßige Nachtarbeit 50 % beträgt. Arbeitnehmer/innen, die Dauernachtarbeit leisten oder in einem 3-Schicht-Wechsel eingesetzt werden, haben daneben für je 20 geleistete Nachtschichten Anspruch auf einen Tag Schichtfreizeit.
Die Klägerin erhielt für die von ihr geleistete regelmäßige Nachtschichtarbeit den Zuschlag iHv. 20 %. Sie ist der Auffassung, die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung bestehe unter dem Aspekt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, auf den es allein ankomme, nicht. Der Anspruch auf Schichtfreizeit beseitige die Ungleichbehandlung nicht, da damit nicht die spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit ausgeglichen würden. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin weitere Nachtarbeitszuschläge iHd. Differenz zwischen dem Zuschlag für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage teilweise stattgegeben. Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – vgl. PM Nr. 46/20) hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 7. Juli 2022 – C-257/21 – entschieden, dass die Regelung von Nachtarbeitszuschlägen in Tarifverträgen keine Durchführung von Unionsrecht ist.
Nachgehend zu dieser Entscheidung hatte die Revision der Beklagten vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Die Regelung im MTV zu unterschiedlich hohen Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Arbeitnehmer, die regelmäßige bzw. unregelmäßige Nachtarbeit im Tarifsinn leisten, sind zwar miteinander vergleichbar. Auch werden sie ungleich behandelt, indem für unregelmäßige Nachtarbeit ein höherer Zuschlag gezahlt wird als für regelmäßige Nachtarbeit. Für diese Ungleichbehandlung ist vorliegend aber ein aus dem Tarifvertrag erkennbarer sachlicher Grund gegeben. Der MTV beinhaltet zunächst einen angemessenen Ausgleich für die gesundheitlichen Belastungen sowohl durch regelmäßige als auch durch unregelmäßige Nachtarbeit und hat damit Vorrang vor dem gesetzlichen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG.
Daneben bezweckt der MTV aber auch, Belastungen für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, wegen der schlechteren Planbarkeit dieser Art der Arbeitseinsätze auszugleichen. Den Tarifvertragsparteien ist es im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie nicht verwehrt, mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke zu verfolgen. Dieser weitere Zweck ergibt sich aus dem Inhalt der Bestimmungen des MTV. Eine Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf die Höhe der Differenz der Zuschläge erfolgt nicht. Es liegt im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen.
Klarmann empfahl, dies zu beachten sowie in Zweifelsfällen, um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Jens Klarmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Vizepräsident
c/o Passau, Niemeyer & Kollegen
Walkerdamm 1
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Fax: 0431 – 974 3099
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