(Worms) Im Verfahren gegen den sog. Eppendorfer Unfallfahrer Caesar S. hat das Landgericht Hamburg den vierzigjährigen Angeklagten am 5. Juni 2012 wegen vierfacher fahrlässiger Tötung, dreifacher fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Darauf verweist der Hamburger Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht Jürgen von Schalscha-Ehrenfeld, Landesregionalleiter „Hamburg“ des VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf die Mitteilung des Landgerichts (LG) Hamburg vom 5.06.2012 zum Urteil vom selben Tage, Az.: 628 KLs 18/11.
Am Nachmittag des 12. März 2011 verursachte der Angeklagte an der Kreuzung Eppendorfer Landstraße / Eppendorfer Baum mit dem Fahrzeug seiner Verlobten einen schweren Verkehrsunfall, bei dem vier Menschen ums Leben kamen und drei weitere Menschen verletzt wurden. Ursache des Unfalls war ein epileptischer Krampfanfall des Angeklagten.
Aufgrund des mit dem Krampfanfall einhergehenden Kontrollverlusts war der Angeklagte für die unmittelbare Unfallverursachung nicht verantwortlich im strafrechtlichen Sinne. Strafbar hat sich der Angeklagte gemacht, weil er in Kenntnis seiner Erkrankung die Autofahrt angetreten und sich dabei über die für ihn vorhersehbare Unfallgefahr leichtfertig hinweggesetzt hat.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung erklärt, er leide zwar an gelegentlichen epileptischen Anfällen, sei aber dennoch kein Epileptiker. Er habe in der Vergangenheit nur vereinzelt, zuletzt im Jahr 2009, Krampfanfälle erlitten. Als er am 12. März ins Auto gestiegen sei, habe es für ihn keine Anzeichen für einen bevorstehenden Anfall gegeben. Der Anfall habe ihn vielmehr wie „aus heiterem Himmel“ getroffen. Noch Anfang 2011 hätten ihm zwei Ärzte bestätigt, dass er Autofahren dürfe.
Diese Einlassung des Angeklagten ist nach der Überzeugung des Gerichts durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Insbesondere die Auswertung ärztlicher Unterlagen hat ergeben, dass in der Vergangenheit verschiedene Ärzte eine epileptische Erkrankung des Angeklagten diagnostiziert haben und er seit 2005 durchgehend Medikamente gegen Epilepsie eingenommen hat. Eine direkte Befragung der Ärzte war mangels Schweigepflichtentbindung der Ärzte durch den Angeklagten nicht möglich.
Als Zeugen gehörte frühere Arbeitskollegen des Angeklagten bekundeten, dass der Angeklagte wiederholt – zuletzt im Januar 2011 – während der Arbeitszeit Krampfanfälle gehabt habe. Es sei mit ihm hierüber gesprochen und ihm außerdem ein dienstliches Autofahrverbot erteilt worden.
Der Angeklagte hat seine Erkrankung verdrängt und die Ärzte nur unvollständig informiert. Deshalb erfolgte keine wirksame Therapie, und es kam immer wieder zu Anfällen. Dass dem Angeklagten gerade auch die aus seiner Krankheit für den Straßenverkehr resultierenden Gefahren bewusst waren, schließt das Gericht u.a. daraus, dass er, anders als von ihm behauptet, wiederholt ärztlich vor Autofahrten gewarnt worden ist. Auch dies ergibt sich aus den vom Gericht ausgewerteten Behandlungsunterlagen. Zudem hat der Angeklagte vor dem 12. März 2011 drei schwere Verkehrsunfälle verursacht und bei einem dieser Unfälle selbst von einem Krampfanfall als mutmaßlicher Unfallursache gesprochen. Dass ihm aufgrund der Unfälle die Fahrerlaubnis nicht entzogen wurde, beruhte u.a. darauf, dass der Angeklagte zu der Häufigkeit seiner Anfälle unvollständige Angaben gemacht hatte.
Innerhalb des Strafrahmens, der bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren reichte, hat das Gericht zugunsten des Angeklagten u.a. berücksichtigt, dass dieser bislang nicht vorbestraft ist. Auch blieb nicht unbeachtet, dass der Angeklagte infolge der Tat seinen Arbeitsplatz verloren hat. Zu Lasten des Angeklagten wog jedoch schwer, dass sein Verhalten in besonders hohem Maße pflichtwidrig war. Die Vorsitzende Richterin verwies in der mündlichen Urteilsbegründung darauf, dass sich angesichts der Häufigkeit der Anfälle, der Schwere früherer Unfälle und der Warnungen von verschiedener Seite, die Frage stelle, wie der Angeklagte überhaupt darauf habe vertrauen können, dass eine weitere Autofahrt gut gehen könnte. Der Angeklagte habe fast damit rechnen müssen, dass er einen weiteren Autounfall verursachen würde. Damit sei ein Maß an Pflichtwidrigkeit erlangt, das an bedingten Vorsatz grenze. Auch angesichts der schweren Folgen der Tat sei eine Freiheitsstrafe unvermeidlich, um auf den Angeklagten in einer seiner Schuld angemessenen Weise einzuwirken.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann binnen einer Woche Revision eingelegt werden. Hierüber entschiede dann der Bundesgerichtshof.
Schalscha-Ehrenfeld riet – unabhängig von diesem Fall – in allen strafrechtlich relevanten Fällen so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. – www.strafrechtsverband.de – verwies.
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