(Stuttgart) Ein Arbeitgeber darf das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als beendet ansehen, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Massenentlassungen erkennen lässt.
Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 22.09.2016 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. 2 AZR 276/16.
Die Beklagte erbrachte Passagedienstleistungen an Flughäfen. Ihre einzige Auftraggeberin kündigte sämtliche Aufträge zu Ende März 2015. Nach dem Scheitern eines Interessenausgleichs im Dezember 2014 leitete die Beklagte ein Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ein und entschied Ende Januar 2015, ihren Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Nach Erstattung einer Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG) kündigte sie alle Arbeitsverhältnisse. Die Beklagte entschloss sich, erneut Kündigungen zu erklären, nachdem einige Kündigungsschutzklagen wegen vermeintlicher Mängel im Verfahren nach § 17 KSchG erstinstanzlich erfolgreich gewesen waren. Sie leitete im Juni 2015 ein weiteres Konsultationsverfahren ein und beriet mit dem Betriebsrat über eine mögliche „Wiedereröffnung“ des Betriebs. Eine solche kam für sie allenfalls bei einer Absenkung der bisherigen Vergütungen in Betracht. Der Betriebsrat ließ keine Bereitschaft erkennen, an entsprechenden Maßnahmen mitzuwirken. Daraufhin kündigte die Beklagte – nach einer erneuten Massenentlassungsanzeige – die verbliebenen Arbeitsverhältnisse vorsorglich ein zweites Mal. Die Klägerin hat sich fristgerecht gegen beide Kündigungen gewandt und hilfsweise einen Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG) verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Kündigungen für unwirksam erachtet.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts nur teilweise Erfolg. Die erste Kündigung ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG iVm. § 134 BGB nichtig. Die Beklagte hat in der diesbezüglichen Massenentlassungsanzeige den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat nicht korrekt dargelegt. Hingegen ist die zweite Kündigung wirksam. Die Beklagte hat das erforderliche Konsultationsverfahren auch unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß durchgeführt. Sie hat dem Betriebsrat alle erforderlichen Auskünfte erteilt, um auf ihren Entschluss, an der Betriebsstilllegung festzuhalten, einwirken zu können. Die Beklagte durfte die Verhandlungen als gescheitert ansehen. Da sie seit April 2015 keinen Betrieb mehr unterhielt, hat sie die zweite Massenentlassungsanzeige zu Recht bei der für den Unternehmenssitz zuständigen Agentur für Arbeit erstattet. Die zweite Kündigung war auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die beabsichtigte Betriebsstilllegung unterrichtet und nach dem Scheitern ihrer Verhandlungen die Einigungsstelle angerufen.
Von Bredow empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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