(Kiel) Wird ein Motorradfahrer in einer Rechtskurve zu weit nach links getragen, vollzieht er dann jenseits seiner Fahrbahnmitte eine Vollbremsung und kollidiert letztendlich auf der Gegenfahrbahn mit einem entgegenkommenden Fahrzeug (Motorrad), lässt dies typischerweise auf einen Fahrfehler des seine Fahrspur verlassenden Motorradfahrers schließen, der seine 75 %-ige Haftung für das Unfallgeschehen rechtfertigen kann.

Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 6.11.2015 zu seinem rechtskräftigen Urteil vom 08.09.2015 (9 U 131/14).

Der heute 55 Jahre alte Kläger aus Meschede befuhr im Juli 2011 mit seinem Motorrad der Marke BMW die Mittelsorper Straße in Schmallenberg. Im Bereich einer – aus Sicht des Klägers – Rechtskurve kollidierte das klägerische Motorrad mit dem vom heute 47 Jahre alten Beklagten aus Lilienthal gefahrenen Motorrad der Marke Honda auf der Gegenfahrbahn. Zum Unfallhergang hat der Kläger behauptet, dass ihm der Beklagte zunächst auf seiner, des Klägers, Fahrspur entgegengekommen sei und so ihn, den Kläger, zu einer Vollbremsung veranlasst habe, durch welche er geradeaus in Richtung Fahrbahnmitte auf die Gegenfahrbahn gerutscht sei. Der Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, auf seiner rechten Fahrbahnseite gefahren zu sein, während der Kläger die Kontrolle über sein Motorrad verloren habe und deswegen in der Kurve auf die Fahrbahn des Beklagten gefahren sei.

Infolge der Kollision erlitt der Kläger Frakturen an beiden Händen, am rechten Arm und am linken Sprunggelenk sowie verschiedene Prellungen und ein Schädelhirntrauma. Vom Beklagten hat er unter Berücksichtigung eines 50 %-igen Mitverschuldens 5.000 Euro Schmerzensgeld sowie ca. 21.000 Euro für materielle Schäden am Motorrad, an der Kleidung sowie für Verdienstausfall und versäumte Haushaltsführung verlangt.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach mit einer 25 %-igen Haftungsquote des Beklagten stattgegeben. Diese Entscheidung hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm bestätigt.

Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei der genaue Unfallhergang – so der Senat – zwar nicht mehr aufzuklären.

Allerdings sei die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs durch ein unfallursächliches Verschulden des Klägers erhöht worden und so ein mit 75 % zu bewertendes Eigenverschulden des Klägers am Unfall anzunehmen. Für ein solches spreche ein vom Kläger nicht erschütterter Anscheinsbeweis. Der Kläger sei in einer Rechtskurve mit seinem Motorrad zu weit nach links getragen worden, habe dann jenseits seiner Fahrbahnmitte eine Vollbremsung vollzogen und sei auf der Gegenfahrbahn mit einem im Bereich der Mitte seiner Fahrspur fahrenden, entgegenkommenden Motorrad kollidiert. Ein derartiges Geschehen lasse typischerweise auf einen Fahrfehler des seine Fahrspur verlassenden Motorradfahrers schließen, der einen schuldhaften Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot darstelle. Dass der Kläger dabei auf ein sich näherndes und seinerseits auf der Gegenfahrbahn fahrendes Fahrzeug reagiert habe, sei ein atypischer und im vorliegenden Fall nicht ansatzweise feststehender Verlauf. Es gebe keinen Grund dafür, warum der Beklagte vor der – aus seiner Sicht – Linkskurve auf seine Gegenfahrbahn gefahren sein sollte.

Schlemm empfahl, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

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Romanus Schlemm
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