Arbeitsrechtliche Auswirkungen von privatem Verhalten

(Stuttgart) Über ein geheimes Treffen in Potsdam mit Überlegungen zur „Remigration“ von Ausländern wurde im Januar 2024 in den Medien berichtet. Die Stadt Köln sprach einer Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die an diesem Treffen teilnahm, daraufhin die fristlose Kündigung aus. Hierüber entschied nunmehr das Arbeitsgericht. Dieses stufte die Kündigung in erster Instanz als unwirksam ein.

Die arbeitsrechtliche Lage erläutert der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). 

Was gilt für Arbeitnehmer in der Freizeit?

Die Stadt Köln kündigte einer 64 Jahre alten Mitarbeiterin fristlos, weil diese an dem von Correctiv im Januar 2024 aufgedeckten Treffen in Potsdam teilnahm, in dem über die Umsiedlung und Abschiebung von Ausländern diskutiert wurde. Gegen diese ihr ausgesprochene Kündigung klagte die zuletzt als Beschwerdemanagerin bei der Stadt Köln tätige Mitarbeiterin.

Vor dem Arbeitsgericht Köln (Urt. v. 3.7.2024, Az.: 17 Ca 543/24) war die Arbeitnehmerin mit ihrer Kündigungsschutzklage nunmehr erfolgreich: Eine Teilnahme am Treffen allein reicht für eine Kündigung nicht aus, urteilten die Kölner Arbeitsrichter.

Kündigung für Verhalten in der Freizeit?

Für Arbeitsrechtler kommt die Entscheidung nicht überraschend: „Bei allem Verständnis für das Vorgehen der Stadt ist eine Kündigung wegen privaten Verhaltens eines Arbeitnehmers nicht ohne weiteres möglich“, so der Hamburger Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott.

Denn das, was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht, sei grundsätzlich dessen Privatsache.

„Ein Arbeitnehmer schuldet lediglich seine ordnungsgemäße Arbeitsleistung, aber kein Wohlverhalten in der Freizeit“, so Arbeitsrechtsexperte Fuhlrott.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer fristlosen Kündigung seien aber immer dann möglich, wenn der Arbeitnehmer bei seiner außerdienstlichen Handlung einen Bezug zum Arbeitsverhältnis herstellt.

„Ein solcher Bezug liegt etwa dann vor, wenn ich in Dienstkleidung an einem solchen Treffen teilnehme. Das gleiche gilt, wenn ich über mein Profil in den sozialen Medien, das den Arbeitgeber nennt, solche Inhalte poste oder für die Teilnahme an einem Treffen werbe“, erläutert Arbeitsrechtsanwalt Fuhlrott.

Strengerer Maßstab im öffentlichen Dienst

Das gilt nach dem Arbeitsgericht auch im vorliegenden Fall bei einer Beschäftigten im öffentlichen Dienst: „Zwar haben Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erhöhte Rücksichtnahmepflichten aufgrund ihres Amtes und darf man von diesen eine gesteigerte Loyalität erwarten“, so Arbeitsrechtler Fuhlrott. Beschäftigte im öffentlichen Dienst dürfen sich damit nicht aktiv gegen den Staat als ihren Arbeitgeber wenden.

Der Maßstab ist aber auch hier streng: Für die Kündigung eines Angestellten im öffentlichen Dienst sei es danach für eine erfolgreiche Kündigung notwendige Voraussetzung, dass der Mitarbeiter aktiv verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.

In der bloßen Teilnahme an einem Treffen, auf dem fremdenfeindliche Äußerungen getätigt werden, kann eine solche Handlung noch nicht erblickt werden, entschied daher das Arbeitsgericht Köln.

Konkrete Tätigkeit entscheidend

Nach Arbeitsrechtler Fuhlrott kommt es für die Abwägung bei der Wirksamkeit auch auf die konkrete Tätigkeit des gekündigten Mitarbeiters an:

„Entscheidend ist stets die konkrete Tätigkeit der Arbeitnehmerin. Auch daraus kann sich eine Unzumutbarkeit einer weiteren Beschäftigung ergeben. Vorliegend war die gekündigte Arbeitnehmerin im allgemeinen Beschwerdemanagement tätig. Wäre die Arbeitnehmerin in leitender Funktion in der Ausländerbehörde tätig gewesen, wäre das Urteil womöglich anders ausgefallen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Stadt Köln kann gegen die Entscheidung Berufung zum Landesarbeitsgericht Köln einlegen.

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Prof. Dr. Michael Fuhlrott
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