(Kiel) Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung kann – unter weiteren Voraussetzungen – auch vorliegen, wenn ein im Inland ansässiger Unternehmer Gegenstände an einen Unternehmer in einem Drittland ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer veräußert und wenn dieser die Gegenstände an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedsstaat weiterveräußert, im Inland abholen und unmittelbar an den Letzterwerber versenden lässt.
Darauf verweist der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31.07.2013 zu seinem Urteil vom 28. Mai 2013 (XI R 11/09).
Eine deutsche GmbH verkaufte 1998 zwei Maschinen an ein US-amerikanisches Unternehmen (A). Dieses teilte der GmbH auf Anfrage lediglich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einer finnischen Ltd. mit, an die es die Maschinen weiterverkauft habe. Die Maschinen wurden von einer von A beauftragten Spedition bei der GmbH abgeholt und nach Finnland verschifft. Ob A in Finnland einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt hat, ist nicht festgestellt.
Das Finanzamt behandelte die Lieferung der GmbH nicht als steuerfrei, weil A als Erwerber keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Mitgliedstaats verwendet habe. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.
Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u.a. voraus, dass der verkaufte Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet wird. Der Abnehmer muss außerdem Unternehmer sein und mit dem Erwerb in seinem Land der Umsatzsteuer unterliegen. Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Verkäufe, aber nur eine Versendung stattgefunden haben. Da die Versendung Tatbestandsmerkmal der innergemeinschaftlichen Lieferung ist, kommt es zunächst darauf an, ob die Versendung dem ersten Verkauf zugerechnet werden kann. Nur dann hätte die GmbH eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei erbracht. Dafür besteht im nationalen Recht eine Vermutung. Das Gegenteil wäre allerdings der Fall, wenn der US-amerikanische Zwischenhändler der finnischen Endabnehmerin die Verfügungsmacht an den verkauften Gegenständen schon vor deren Versendung verschafft hätte. Das muss das FG noch aufklären.
Dass die GmbH eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres US-amerikanischen Abnehmers nicht angeben konnte, steht der Annahme einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht entgegen. Dies ist zwar nach nationalem Recht Voraussetzung für die Anerkennung der Steuerfreiheit. Der BFH hatte jedoch Zweifel, ob die Vorschrift mit dem EU-Recht vereinbar ist. Auf Anfrage des BFH in derselben Sache (Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, die Mitgliedsstaaten dürften zwar den buchmäßigen Nachweis der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Regelfall verlangen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung dürfe aber nicht schon deshalb verneint werden, weil er fehle. Der redliche Lieferer kann danach auch auf andere Weise nachweisen, dass der Erwerber Unternehmer ist und dass der Erwerb bei ihm der Umsatzsteuer unterliegt (EuGH Urteil vom 27. September 2012 C-587/10 – VStR -). Auch diese Frage wird das FG eventuell noch zu klären haben.
Passau empfahl, dies zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.
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