(Kiel) Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat soeben im Anschluss an die Entscheidungen vom 25. Mai 2011 im Zusammenhang mit der HEROS-Gruppe weitere Entscheidungen zu den versicherungsrechtlichen Folgen des Zusammenbruchs eines Geld- und Werttransportunternehmens getroffen.
Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. November 2011 zu seinen Urteilen vom gleichen Tage, Az.: IV ZR 251/08 u. a.
Die Kläger – Banken und Einzelhandelsunternehmen – haben Versicherungsleistungen aus einer Transportversicherung gefordert. Deren Versicherungsschutz erstreckt sich auf „alle Gefahren und Schäden, gleichviel aus welcher Ursache“, denen versicherte Sachen (u.a. Geld, Geldscheine, Hartgeld, Münzen) ausgesetzt sind. Er beginnt mit deren „Übergabe oder Übernahme … an bzw. durch den Versicherungsnehmer“ und „endet, wenn dieselben in die Obhut des berechtigten Empfängers übergeben worden sind“.
Die Geschäftsführer des Geld- und Werttransportunternehmens verwendeten diesem überlassenes Bargeld über Jahre hinweg zweckwidrig, indem sie damit unter anderem Verbindlichkeiten gegenüber anderen Auftraggebern beglichen. Aufgrund dessen wurde zahlreichen Auftraggebern – darunter nach ihren Behauptungen auch den Klägern – insbesondere im August 2006 dem Transporteur zur Entsorgung überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben oder zur Versorgung von Filialen oder Geldautomaten bestimmtes Geld nicht mehr übergeben. Nach Aufdeckung dieser Geschäftspraktiken im Sommer 2006 fochten die Beklagten die Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss an.
Die Parteien haben vor allem darüber gestritten, ob die beklagten Versicherer schon infolge der Anfechtung leistungsfrei sind, sowie, ob das Geld- und Werttransportunternehmen im Umgang mit dem ihm anvertrauten Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.
Die Berufungsgerichte hatten die Klageansprüche überwiegend zugesprochen. Dagegen wendeten sich die Versicherer mit ihren Revisionen. Die Kläger erstrebten zum Teil eine weitergehende Verurteilung der Beklagten, soweit die Klagen in den Vorinstanzen abgewiesen worden waren.
Der Bundesgerichtshof hat den noch von den Berufungsgerichten angenommenen Ausschluss der Beklagten mit der Geltendmachung des Einwandes der Anfechtung abgelehnt, so Kroll.
Die Verfahren sind zur neuen Verhandlung und Entscheidung, insbesondere zur Klärung der bisher offen gelassenen Frage, ob die Beklagten ihre Vertragserklärungen wirksam wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss angefochten haben, an diese zurückverwiesen worden. Darüber hinaus hat der IV. Zivilsenat weitere Grundsatzentscheidungen zur Reichweite des Versicherungsschutzes für Geld- und Werttransporte getroffen, betont Kroll.
Anders als in dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 25. Mai 2011 (HEROS I IV ZR 117/09, VersR 2011, 918; Pressemitteilung Nr. 87/2011) zugrunde lag, schließen die Bedingungen der zwischen den Klägern und dem Geld- und Werttransportunternehmen geschlossenen Transportverträge es in den heute entschiedenen Rechtssachen aus, dass zur Entsorgung überlassenes Bargeld bei Ablieferung bei der Deutschen Bundesbank zunächst einem Eigen-Konto des Transporteurs gutgebracht wird. Erfolgt dennoch eine Einzahlung auf einem solchen Konto und wird die Übergabe daher nicht wie geschuldet ausgeführt, liegt darin ein dem Versicherungsschutz unterfallender Zugriff auf das Transportgut. Denn der von den Beklagten versprochene und bis zur Übergabe „in die Obhut des berechtigten Empfängers“ währende Deckungsschutz umfasst auch die Einhaltung der vertraglichen Einzahlungsanweisung. Ein so begründeter Versicherungsfall entfällt nicht allein dadurch, dass die Auftraggeber eine solche, für sie erkennbar dem Transportvertrag widersprechende Handhabung stillschweigend hingenommen haben.
Erstmals hat der Bundesgerichtshof sich auch mit der Reichweite des Versicherungsschutzes für den Bereich der Versorgung mit Bargeld – etwa für Geldautomaten und Kassen von Filialen – befasst. Hat der Transporteur für den Auftraggeber von der Deutschen Bundesbank Bargeld entgegen genommen, das er den vertraglichen Vorgaben zuwider nicht an den vorgesehenen Bestimmungsorten abliefert, liegt auch darin ein vom Versicherungsschutz umfasster stofflicher Zugriff auf das Transportgut. Damit wird nach außen erkennbar in den vereinbarten Ablauf der Geldversorgung eingegriffen und zugleich dem Auftraggeber die Möglichkeit entzogen zu bestimmen, wie mit dem Bargeld verfahren wird.
Kroll riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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Matthias W. Kroll, LL.M.
Rechtsanwalt/Master of Insurance Law
Fachanwalt für Arbeitsrecht/Fachanwalt für Versicherungsrecht
Leiter des Fachausschusses XIV „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“
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