(Stuttgart) Immer wieder kommt es vor, dass Elternteile plötzlich sehr schwer krank ins Krankenhaus müssen und ihnen oder den Angehörigen dann schreckhaft einfällt, dass ja gar kein Testament für den etwaigen Todesfall vorhanden ist.

Auf die Schnelle soll dann ggfs. improvisiert werden, damit wenigstens irgendwas vorhanden ist. Dazu zählt insbesondere auch das sog. „Dreizeugentestament“ bei drohender Todesgefahr.

Der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V., mit dem Sitz in Stuttgart, warnt allerdings vor dieser Testamentsform, da dieses Testament trotz dreier Zeugen gleichwohl häufig ungültig ist, da hier strengste Anforderungen gelten.

Gem. § 2250 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist ein derartiges Testament unter anderem nur dann wirksam, wenn sich der Testierende in so naher Todesgefahr befindet, dass ein ordentliches Testament weder vor einem Notar noch gem. § 2249 BGB ein Nottestament vor einem Bürgermeister errichtet werden kann. Die Todesgefahr muss tatsächlich vorliegen oder zur Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen. Der Todesgefahr gleichgestellt ist dabei die Gefahr einer drohenden Testierunfähigkeit.

In einer ganzen Reihe von Fällen, so betont Fachanwalt Henn, haben Gerichte das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint und die Nottestamente für nichtig befunden, weil eben keine unmittelbare Todesgefahr bestand, so u. a.

  • Oberlandesgericht Hamm; nahende Todesgefahr verneint. Die Erblasserin sei erst vier Tage nach der Testamentserrichtung verstorben, ihre Testierunfähigkeit sei erst nach mehr als 48 Stunden später eingetreten. (Beschluss vom 10.02.2017 – 15 W 587/15).
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 4.10.2022 (Az.: 3 W 109/22), nahe Todesgefahr verneint. Es reiche nicht aus, dass der Erblasser kein Testament mehr schreiben konnte, weil seine Arme gebrochen und an den Körper fixiert worden waren. Dadurch liege keine nahe Todesgefahr vor. Es habe noch genug Zeit bestanden einen Notar herbeizurufen.
  • Kammergericht Berlin, Beschluss vom 22.06.2022 (Az.: 6 W 7/21), nahe Todesgefahr verneint. Der Erblasser habe nach Errichtung des Nottestaments noch 12 Tage weitergelebt. Die Errichtung des Nottestaments sei an einem Donnerstag erfolgt. An einem normalen Werktag sei anzunehmen, dass in einer Stadt wie Berlin genug Notare ansässig sind, die noch ein öffentliches Testament hätten im Krankenhaus aufnehmen können.

Fachanwalt Henn riet daher dringend davon ab derartige Testamente zu errichten, wenn keine unmittelbare Todesgefahr gegeben ist oder Testierunfähigkeit bevorsteht. Dies sollte der behandelnde Arzt ausdrücklich feststellen und hiernach auch schriftlich bescheinigen.

Als Faustregel gilt aber, so betont Fachanwalt Henn ausdrücklich: Lebt der Erblasser am Folgetag nach der Errichtung eines Nottestaments noch und ist ansprechbar und zumindest wahrscheinlich testierfähig, sollte umgehend noch ein Notar hinzugezogen werden und ein neues Testament errichtet werden, damit die Gerichte – wie oben geschehen – das Nottestament nicht für nichtig erklären.

Im Übrigen, so warnt Fachanwalt Henn, sei auch § 2252 BGB zu berücksichtigen wonach ein Dreizeugentestament als nicht errichtet gilt, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt. Beginn und Lauf der Frist sind (nur) gehemmt, solange der Erblasser in dieser Zeit, zB wegen Komas, außerstande ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten.

Henn empfiehlt, dies zu beachten und sich in Erbfällen immer anwaltlich beraten zu lassen und verweist hierbei auf die auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwälte/innen in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., – www.dansef.de

 

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