(Kiel) Die das Überqueren einer Straße regelnde Fußgängerampel gilt nicht für einen Radweg, der durch einen Gehweg von der Fußgängerfurt der Straße getrennt ist. Kollidiert ein unaufmerksam auf einen solchen Radweg tretender Fußgänger mit einem in der Verkehrssituation zu schnell fahrenden Radfahrer, können beide gleichermaßen für das Unfallgeschehen verantwortlich sein.

Darauf verweist der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) vom 1.03.2018 zu seinem rechtskräftigen Urteil vom 19.01.2018 (Az. 26 U 53/17 OLG Hamm).

Die seinerzeit 68 Jahre alte Klägerin aus Hörstel ging – aus der Innenstadt kommend – im Oktober 2014 in Rheine im Kreuzungsbereich Kardinal-Galen-Ring/Bahnhofstraße über den Kardinal-Galen-Ring in Richtung Bahnhof. Sie passierte die Straße bei Grünlicht der Fußgängerampel. Den hinter der Straßenfurt gelegenen, zum Bahnhofsvorplatz führenden Gehweg quert ein durch eine farblich abgehobene Pflasterung als solcher erkennbarer Radweg. Beim Überqueren dieses Radweges stieß die Klägerin mit dem Beklagten aus Rheine zusammen, der mit seinem Fahrrad aus der Richtung der Bahnhofsunterführung kommend dem an dieser Stelle nach rechts abbiegenden Radweg gefolgt war. Die Klägerin stürzte und zog sich – so ihre Darstellung – mehrere Knochenbrüche und einen Bänderriss zu, für welche sie vom Beklagten Schadensersatz verlangt.

Das Landgericht hat den Beklagten in einem Grund- und Teilurteil zur Zahlung eines der Höhe nach noch festzustellenden Schadensersatzes und eines in der Höhe noch zu bemessenden Schmerzensgeldes verurteilt. Dabei hat es gemeint, dass der Beklagte als Rechtsabbieger zu behandeln sei und als solcher den Vorrang der die Kreuzung bei Grünlicht in Richtung des Bahnhofsvorplatzes überquerenden Klägerin nicht beachtet habe. Zudem sei der Beklagte, so das Landgericht, mit einer den Verkehrsverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit gefahren und habe daher für den der Klägerin entstandenen Schaden allein aufzukommen.

Auf die Berufung des Beklagten hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten dem Grunde nach nur zu einem 50 %igen Schadensersatz verurteilt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Beklagte, so der Senat, gegenüber der Klägerin bevorrechtigt und nicht wartepflichtig gewesen. Er habe den an dem Kreuzungsbereich vorbeigeführten Radweg genutzt, für den die Lichtzeichenanlage nicht gelte. Diese solle den Fußgängern eine sichere Überquerung der Straße ermöglichen. Beabsichtige ein Fußgänger – im Anschluss an das Überqueren der Fahrbahn und nach dem Erreichen des zum Bahnhofsvorplatz führenden Gehwegs – auch den dort verlaufenden Radweg zu überqueren, sei dies eine neue, durch die Lichtzeichenanlage nicht geregelte Verkehrssituation. Ein Radfahrer, der aus Richtung der Bahnhofsunterführung kommend dem in einer Rechtskurve ausgestalteten und dann neben dem Kardinal-Galen-Ring geführten Radweg folge, biege – im Rechtssinne – nicht nach rechts von der Bahnhofstraße in den Kardinal-Galen-Ring ab. Vielmehr folge er einem Verlauf des Radweges der mit dem Straßenverlauf bei einer abknickenden Vorfahrt vergleichbar sei. Auch bei dieser liege kein Abbiegen im Sinne der Straßenverkehrsordnung vor, weil die bevorrechtigte Fahrbahn nicht seitlich verlassen werde.

Der Beklagte habe den Unfall allerdings mitverschuldet, weil er den nach rechts abbiegenden Radweg mit einer den Verkehrsverhältnissen nicht angepassten, überhöhten Geschwindigkeit befahren habe. Das ergebe sich bereits aus seiner eigenen Unfallschilderung, nach welcher ihm die Kurve eine freie Sicht auf den dahinterliegenden Bereich mit der Lichtzeichenanlage und dem Fußgängerüberweg versperrt habe und er dann, als er die Klägerin wahrgenommen habe, den Unfall trotz seiner sofortigen Bremsung nicht mehr habe verhindern können.

Ein Mitverschulden der Klägerin sei neben dem Verschuldensbeitrag des Beklagten anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Beim Überqueren des Radweges habe sie den Vorrang des Radverkehrs nicht ausreichend beachtet, was sich bereits aus dem Unfallort auf dem Radweg ergebe. Die Klägerin müsse sich zudem vorhalten lassen, nicht ausreichend auf Radfahrer aus der Fahrtrichtung des Beklagten geachtet zu haben, die für sie aufgrund des Kurvenverlaufs des Radweges nicht genau zu überblicken gewesen sei.

Den Verschuldensbeitrag des Beklagten und das Mitverschulden der Klägerin bemesse der Senat mit jeweils 50 %. Auf der Grundlage dieser Haftungsquote habe das Landgericht die Schadenshöhe weiter aufzuklären.

Fischer riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

 

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Marcus Fischer
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