(Stuttgart) Die Weigerung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung zu bilden, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber bereit ist, das vereinbarte Gehalt weiterzuzahlen.

 

Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Beschäftigungsanspruch, weil es für ihn nicht nur darauf ankommt, sein Gehalt zu erhalten, sondern auch darauf, sich im Arbeitsverhältnis entsprechend seinen Fähigkeiten und Leistungen fachlich und persönlich zu entfalten. Dabei ist eine teilweise Entziehung von wesentlichen Aufgaben nicht anders zu bewerten als eine völlige Suspendierung, weil das Verlangen, nur noch weniger verantwortungsvolle Aufgaben zu verrichten, demütigender sein kann als eine völlige Nichtbeschäftigung.

 

Darauf verweist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., unter Hinweis auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11. Februar 2016, Az.: 2 Sa 338/15).

 

Der Arbeitnehmer ist seit 1997 bei dem Unternehmen als „Chief Product Officer“ tätig. Er hält Anteile an einer GmbH, die wiederum Kommanditistin des Unternehmens ist. Im Mai 2014 teilte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit, dass er das Unternehmen gerne verlassen möchte. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis frühestens zu Ende Dezember 2016 kündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufgabe der Tätigkeit ohne Einhaltung der Kündigungsfrist sah der Arbeitsvertrag vor, dass der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe einer zehnfachen Tätigkeitsvergütung zu zahlen hat. Nach erfolglosen Verhandlungen über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an, nicht mehr an seinem bisherigen Arbeitsplatz am Firmensitz, sondern in einem entfernten, eigens allein für ihn eingerichteten Büro in der ehemaligen Wohnung der Großeltern des Geschäftsführers des Arbeitgebers tätig zu werden. Der Arbeitsplatz war nicht mit einem Zugang in das Unternehmensnetzwerk versehen. Der Arbeitnehmer weigerte sich, die Arbeit in diesem Büro aufzunehmen und forderte den Arbeitgeber auf, ihn wieder vertragsgemäß einzusetzen. Nachdem dies trotz Abmahnung nicht geschah, kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos.

 

Die gegen die Kündigung gerichtete Feststellungsklage des Arbeitgebers wurde zurückgewiesen.

 

Der Arbeitgeber habe nach Ansicht des Gerichts die ihm obliegende Pflicht zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Arbeitnehmers erheblich verletzt. Darin liege ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung. Denn der Arbeitgeber habe den Arbeitnehmer nicht anweisen dürfen, die Arbeit abseits des Firmensitzes des Arbeitgebers aufzunehmen. Daran habe keine zulässige Ausübung des ihm zustehenden Direktionsrechts gelegen, sondern eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Arbeitnehmers. Dem Arbeitnehmer sei es deshalb nicht mehr zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber noch über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2016 fortzusetzen.

 

Der Arbeitgeber wollte den Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis halten, um zu verhindern, dass er in Konkurrenz zu dem Arbeitgeber treten kann. Dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aber auch beschäftigen. Alternativ wäre das Interesse des Arbeitgebers nur durch den Abschluss einer Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu wahren gewesen. Eine solche Vereinbarung ist aber nur wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung zahlt. Offenbar war der Arbeitgeber dazu nicht bereit.

 

Franzen empfahl, dies zu beachten und riet er bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

 

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Klaus-Dieter Franzen
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