(Stuttgart) Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, wesentliche Bedingungen des Arbeitsvertrages sowie deren Änderung zu einem späteren Zeitpunkt zu dokumentieren, diese Mitschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Bislang gilt diese Nachweispflicht nur für wenige Vertragsinhalte wie die Anschrift der Vertragsparteien oder die Dauer der Beschäftigung.

Dies, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, soll sich nun ändern. Die Bundesregierung hat bereits im April einen Entwurf hierzu vorgelegt.

  • Was ist das Nachweisgesetz?

 

Das Nachweisgesetz (NachwG) bestimmt, dass Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet sind ihren Mitarbeitern einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag auszuhändigen. Dieser Nachweis muss in unterschriebener Form zur Verfügung gestellt werden. Dasselbe gilt bei wesentlichen Änderungen der Vertragsbedingungen zu einem späteren Zeitpunkt. Ziel des Nachweisgesetzes ist es, Arbeitnehmern mehr Rechtssicherheit zu geben. Die zu dokumentierenden Punkte der Vertragsbedingungen sind recht umfassend und versprechen jetzt noch umfassender zu werden.

  • Handlungszwang des deutschen Gesetzgebers aufgrund der Arbeitsbedingungen-Richtlinie der EU

 

Eine Novellierung des Nachweisgesetzes muss aufgrund der Arbeitsbedingungen-Richtlinie der EU erfolgen. Diese muss alsbald ins deutsche Recht übersetzt werden.

Die Richtlinie der EU verfolgt primär drei Ziele:

  1. die Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen etwa in Bezug auf die Höchstdauer einer Probezeit, das Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform sowie Pflichtfortbildungen europaweit harmonisiert werden
  2. die bereits bestehende Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung der wesentlichen Arbeitsbedingungen (also Nachweispflichten) sollen erweitern werden
  3. zudem sollen Regelungen zur Durchsetzung der Nachweispflichten eingeführt werden. Die EU-Länder sollen diese mit Straf- oder Ordnungswidrigkeitsvorschriften durchsetzen.

Im Bereich der Arbeitsbedingungen sind viele Anforderungen im deutschen Recht bereits umgesetzt, sodass es hier nur wenige Änderungen bedarf. Relevanter ist deswegen das zweite Ziel der Richtlinie, die bereits bestehende Nachweispflicht auszuweiten.

  • Übersicht der Arbeitsbedingungen, die nun dokumentiert werden müssen

Um die Vorgaben der Richtlinie umzusetzen, hat die Bundesregierung nun folgende Arbeitsbedingungen in den Katalog der zu dokumentierenden Arbeitsbedingungen aufgenommen:

  • Die Dauer der vereinbarten Probezeit.
  • Die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen.
  • Die Möglichkeit und Voraussetzungen der Anordnung von Überstunden.
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen.
  • Der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt.
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Kündigungsfristen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
  • Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
  • Bei einer Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland sieht der Gesetzesentwurf ebenfalls umfangreiche Pflichten zur Niederschrift vor.

 

  • Achtung, nun gelten auch kürzere Fristen- auch für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse

Die EU-Richtlinie verlangt zudem eine Verkürzung der Fristen, der Arbeitgeber muss seiner Nachweispflicht nun teilweise deutlich früher nachkommen. Derzeit hat der Arbeitgeber bis zu einem Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses Zeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Die elementaren Angaben im Arbeitsvertrag wie die Namen der Vertragsparteien, der Höhe des Arbeitsentgelts und der vereinbarten Arbeitszeit – müssen dem Arbeitnehmer bereits am ersten Arbeitstag ausgestellt werden. Auch Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen zu einem späteren Zeitpunkt müssen am ersten Tag ihrer Wirksamkeit ausgehändigt werden.

  • Aber Achtung, das ist nicht alles!

Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2022 bestehen, sieht der Entwurf vor, dass Arbeitnehmern auf Verlangen die Niederschrift mit den wesentlichen Angaben spätestens am siebten Tag nach der Anfrage ausgestellt werden muss. Sollten Arbeitnehmern von diesem Recht Gebrauch machen, erwartet Arbeitgeber eine große Bürokratie.

  • Einführung von gewichtigeren Sanktionen

 

Zudem will die Bundesregierung durch eine weitere Neuerung, die Durchsetzung des Nachweisgesetzes erleichtern. Bislang hatten Verstöße gegen das Nachweisgesetz vor allem in beweisrechtlichen Fragen zulasten des Arbeitgebers Konsequenzen.

Nun soll bei Verstößen über einen Ordnungswidrigkeitentatbestand mit bis zu 2.000 EUR Bußgeld sanktioniert werden, wenn Arbeitgeber ihrer Nachweispflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig nachkommen.

Fazit: Durch die Novellierung des Nachweisgesetzes gewinnt die Thematik in der arbeitsrechtlichen Praxis erheblich an Bedeutung. Wir empfehlen jedem Arbeitgeber sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen und Arbeitsverträge zeitnah anzupassen.

Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Volker Görzel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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