BGH bestätigt seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2019

(Kiel) Eine Kaufpreisforderung eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft kann schnell zum Darlehen werden. Im Falle einer Insolvenz kann das bei Zahlungen an den Gesellschafter zu bösen Überraschungen führen.

 Darauf verweist der Mannheimer Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Rainer – Manfred Althaus von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel und bringt dazu einen Fall aus der Beratungspraxis:

Eine GmbH geht in Insolvenz. Einer ihrer Gesellschafter erhält im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung von der GmbH eine Zahlung über 5.400 €. Er hatte der GmbH Waren verkauft. Die Rechnung wies als Fälligkeitsdatum den 01.02.2021 aus. Bezahlt hat die GmbH im Einverständnis des Gesellschafters aber erst am 30.05.2021. Der Insolvenzverwalter fordert nun die gezahlten 5.400 € wieder heraus.

Zu Recht? Ja, er kann sich auf § 135 Abs. 1 Ziffer 2 InsO berufen. Danach unterliegen Zahlungen auf ein Darlehen eines Gesellschafters oder Forderungen, die einem Darlehen gleichkommen, der Insolvenzanfechtung. Das gilt für Zahlungen innerhalb eines Jahres vor Insolvenzantragstellung. Unabhängig davon, ob die Gesellschaft dann schon insolvent war.

Hierzu näher:

Ein Austauschgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter z.B. Kauf oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Geld ist in der Regel unkritisch, wenn Lieferung bzw. Erbringung der Leistung innerhalb von 30 Tagen bezahlt werden. Das nennt man Bargeschäft.

Sieht die Rechnung von vorneherein eine erhebliche Überschreitung der marktüblichen Zahlungsfristen vor, kann eine Leistung vorliegen, die rechtlich einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellt wird.

Entsprechendes gilt, wenn die Forderung trotz Fälligkeit erst viel später bezahlt wird: Wird das Geld aus einem Austauschgeschäft länger als 3 Monate nicht eingefordert, vermutet man: Der Gesellschafter hat das Geld (noch) nicht eingefordert, um die Gesellschaft finanziell zu unterstützen. Vielleicht auch, weil sie einfach nicht zahlen kann. Das entspricht wirtschaftlich gesehen einem Darlehen. Damit kommen die strengen Regeln zur Rückzahlung von Darlehen zum Zuge, insbesondere die des § 135 InsO.

Zahlt nun die GmbH den Kaufpreis an den Gesellschafter, so ist das zwar Zahlung des Kaufpreises. Aus rechtlicher Sicht ist es aber gleichzeitig die Rückzahlung auf eine darlehensähnliche Schuld. Die Kaufpreisforderung war schon seit fast 4 Monaten fällig. Das Ende Mai gezahlte Geld ist anfechtbar und kann vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden.

In seinem Urteil vom 24.02.2022, IX ZR 250/20 hat der BGH erneut entschieden, dass es unterhalb der Grenze von 3 Monaten weitere Indizien braucht, um ein Austauschgeschäft einem Darlehen gleich zu stellen. Auch hier entscheidet der Einzelfall. Maßgeblich sind rechtliche Kriterien, die der BGH hierzu entwickelt hat.

Für die Praxis heißt das für Gesellschafter:

  • Augen auf bei der Vereinbarung von Zahlungszielen mit der Gesellschaft,
  • Vereinbarte Zahlungsziele nicht aus den Augen verlieren,
  • Bewusst handeln und entscheiden: Stets berücksichtigen, dass nicht eingeforderte Zahlungen wie ein Darlehen behandelt werden könnten.

Am besten ist es natürlich, sich frühzeitig beraten zu lassen. Und zwar vor der Stundung von Forderungen oder der Vereinbarung langer Zahlungsziele. Doch auch wenn der Insolvenzverwalter bereits an die Tür klopft, eröffnen sich Chancen. Man muss nur wissen, worauf es ankommt.

Rechtsanwalt Althaus empfahl dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  – verwies.

 

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Rainer-Manfred Althaus, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht / Immobilienfachwirt (IHK)

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