(Stuttgart) Ein Arbeitgeber darf in einer Änderungskündigung dem Arbeitnehmer unter Umständen gleich mehrere unterschiedliche Änderungsangebote unterbreiten, von denen sich der Arbeitnehmer dann das für ihn angenehmste aussuchen kann.
Das, so der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Hauptvogel aus der Kanzlei Graf von Westphalen, Vizepräsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer Entscheidung vom 10. April 2014 (2 AZR 812/12) jetzt erstmals bestätigt.
Sollen arbeitsvertragliche Regelungen zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden, dann ist das natürlich durch einen einvernehmlichen Änderungsvertrag möglich. Ist der Arbeitnehmer mit einem Änderungsvertrag jedoch nicht einverstanden, bleibt dem Arbeitgeber nur noch die Möglichkeit, einseitig eine Änderungskündigung auszusprechen. Diese setzt sich zusammen aus einer Kündigung des bisherigen Arbeitsvertrages (Teil 1) und dem gleichzeitigen Angebot an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den geänderten Vertragsbedingungen fortzusetzen (Teil 2).
Bei Teil 1 handelt es sich um eine echte Beendigungskündigung, für die alle Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetztes – wenn dieses anwendbar ist – vorliegen müssen. Und im Rahmen des neuen Vertragsangebotes (Teil 2) müssen dem Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung immer diejenigen Bedingungen angeboten werden, die am wenigstens stark in das Vertragsgefüge eingreifen. Der Arbeitgeber muss die Änderungen also auf das „objektiv notwendige Maß“ beschränken.
An dieser Stelle gab es bislang vor allem dann Schwierigkeiten, wenn mehrere Möglichkeiten einer Vertragsänderung bestanden. In dem vom Bundesarbeitsgericht jetzt entschiedenen Fall kamen für den Arbeitnehmer z. B. entweder eine Reduzierung der Arbeitszeit bei gleichbleibendem Gehalt oder eine geringer dotierte Vollzeitstelle in Betracht. Welche dieser beiden Alternativen ist nun für die Arbeitnehmer die weniger einschneidende Maßnahme?
Das BAG hat dazu am 10. April 2014 entschieden, dass eine zeitlich reduzierte gleichwertige Tätigkeit weniger einschneidend sei als das Angebot einer geringwertigeren Tätigkeit, und zwar selbst dann, wenn das Monatsgehalt bei der geringwertigeren Tätigkeit wegen des höheren Stundenumfanges insgesamt höher ist. Denn der Vergleichsmaßstab sei die Vergütung pro Zeiteinheit, also das Gehalt pro Arbeitsstunde.
Wenn es im Einzelfall schwierig sei zu bestimmen, welches von mehreren möglichen Änderungsangeboten für den Arbeitnehmer weniger einschneidend sei, dann sei es dem Arbeitgeber zudem möglich, dem Arbeitnehmer die in Betracht kommenden Änderungen alternativ anzubieten. Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl, eines der Angebote anzunehmen (ggf. unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung) oder alle Angebote abzulehnen. Für den Arbeitgeber hat dies den Vorteil, dass der Arbeitnehmer sich bei einem solchen Vorgehen in einem möglichen Änderungsschutzprozess nicht mehr darauf berufen kann, eine der abgelehnten Alternativen sei für ihn weniger einschneidend gewesen und die Änderungskündigung sei daher unwirksam. Die „Alternativlösung“ des BAG besitzt daher erhebliche Relevanz für die Praxis, betont Hauptvogel.
Rechtsanwalt Hauptvogel empfahl, das Urteil zu beachten sowie in Zweifelsfällen um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies. Die Beobachtung und kritische Begleitung aktueller und praxisrelevanter Rechtsentwicklungen im Arbeitsrecht bildet einen der Arbeitsschwerpunkte des Verbandes.
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*Der Autor ist Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.