(Stuttgart) Das Hessische Landesarbeitsgericht hat soeben der Kündigungsschutzklage einer Bankangestellten stattgegeben, bei der die Bank der Klägerin die vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistungen vorgeworfen hatte, weil sie Belege nicht geprüft, sondern ohne Prüfung freigegeben habe.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 11.06.2013 zu seinem Urteil vom 7. Februar 2013, Az. 9 Sa 1315/12.
Die 48-jährige Klägerin des Rechtsstreits arbeitet seit 1986 bei der beklagten Bank, zuletzt als Sachbearbeiterin im Zahlungsverkehr. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Überprüfung von Überweisungsbelegen und gegebenenfalls deren Korrektur. Am 2. April 2012 prüfte sie 603 Belege innerhalb von weniger als 1,4 Sekunden, 105 Belegen innerhalb von 1,5-3 Sekunden und nur 104 Belegen in mehr als 3 Sekunden. Dabei übersah sie in den Zahlungsbeleg eines Rentners, der durch einen Arbeitskollegen von 62,40 € auf 222.222.222,22 € korrigiert worden war. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war der vorprüfender Arbeitskollege, der allerdings nicht für die Prüfung des Betragsfelds des Belegs zuständig war, bei einem Sekundenschlaf auf die Taste „2″ der PC-Tastatur geraten und hatte diese länger gedrückt gehalten. Durch eine systeminterne Prüfungsroutine wurde der Fehler bemerkt und berichtigt.
Die Bank hat der Klägerin die vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistungen vorgeworfen indem sie Belege nicht geprüft, sondern ohne Prüfung freigegeben habe. Sie hat der Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main und ihm folgend das Hessische Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben, so Henn.
Eine vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers oder eine vorsätzliche Manipulation des Arbeitsablaufs lägen nicht vor. Nach der Vorbearbeitung durch den Arbeitskollegen könne der Klägerin nur noch eine unterlassene Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden. Dies sei zwar ein schwerer Fehler gewesen, die für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen notwendige negative Prognose sei nach Abwägung aller Umstände aber nicht erkennbar. Deshalb sei der beklagten Bank hier eine Abmahnung statt einer Kündigung noch zumutbar gewesen.
Auch die von der Bank begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht hat das Hessische Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Nach wie vor sei eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit möglich.
Henn empfahl, die Entscheidung zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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