(Worms) Der 4a. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat soeben entschieden, dass der Antrag des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Überlassung einer Kopie der vollständigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten unbegründet ist.

Darauf verweist so der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Präsident des VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf eine entsprechende Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Suttgart vom 15.11.2012 zu seinem Beschluss vom selben Tage, Az. 4a VAs 3/12.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart führt gegen Stefan Mappus ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit dem Ankauf der EnBW-Anteile durch das Land. In diesem Verfahren wurden Unterlagen und Gegenstände sichergestellt, deren Durchsicht nach § 110 StPO noch nicht abgeschlossen ist. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hat mit Schreiben vom 04.10.2012 um Vorlage der Ermittlungsakten ersucht, der frühere Ministerpräsident begehrt die Feststellung, dass eine Überlassung der Ermittlungsakte insoweit rechtswidrig sei, als sich darin zahlreiche Unterlagen befinden würden, die seinen privaten Bereich betreffen würden.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht begründet. Die Gewährung von Akteneinsicht richtet sich nach § 14 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags (UAG), wonach alle Behörden des Landes zur Vorlage von Akten und der Erteilung von Auskünften verpflichtet sind (§ 14 Abs. 1 UAG). Die Aktenvorlage darf nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder ein Gesetz der Bekanntgabe an den Ausschuss entgegensteht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 UAG). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Senat hat im Hinblick auf den Stellenwert des Untersuchungsrechts (Art. 35 Landesverfassung) ausgeführt, dass das Recht auf Aktenvorlage als essentieller Bestandteil des parlamentarischen Untersuchungsrechts ein Recht auf umfassende Einsicht in die Akten des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit dem Ankauf der EnBW-Anteile durch das Land begründet, damit sich der Untersuchungsausschuss selbst ein Bild vom Umfang der Entscheidungserheblichkeit machen kann. Die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsbehörde habe anders als in § 474 StPO nur die Voraussetzungen für die Gewährung der Akteneinsicht festzustellen. Sie prüft nicht, ob der Untersuchungsausschuss die Akten für seine Untersuchungszwecke benötigt. Es sei vielmehr vom Untersuchungsausschuss als aktenanfordernder Stelle zu beurteilen, welche Unterlagen benötigt werden, was sich auch aus den unter-schiedlichen Zielrichtungen ergebe. Der Untersuchungsausschuss sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beachtung der Grundrechte Dritter – auch des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung – verpflichtet. Auch daraus ergebe sich, dass die Frage der Reichweite der Akteneinsicht grundsätzlich nicht von der Staatsanwaltschaft zu beurteilen sei. Der Untersuchungsausschuss habe auf Anregung der Staatsanwaltschaft Stuttgart Vorkehrungen getroffen, um persönliche Daten des Antragstellers zu schützen. Auch mögliche Indiskretionen in der Vergangenheit könnten nicht dazu führen, dass dem Untersuchungsausschuss die vollständige Vorlage der Akten verweigert werde.

Die Staatsanwaltschaft habe deshalb die gesamten Akten des Ermittlungsverfahrens zu übergeben. Die Verpflichtung zur Herausgabe bestehe aber nur auf die Akten in ihrem derzeitigen Ist-Zustand. Die Beweisstücke (z.B. Computer und Festplatten; § 147 StPO) seien kein Aktenbestandteil. Hier bestehe lediglich ein Besichtigungsrecht. Die sichergestellten und noch nicht durchgesehenen Beweismittel (insbesondere Urkunden) könnten erst nach Abschluss der Durchsicht Beweismittel oder Gegenstand der Ermittlungsakte werden.

Möthrath riet, in allen strafrechtlich relevanten Fällen sowie als Opfer von Gewalttaten so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. – www.strafrechtsverband.de – verwies.

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Jürgen Möthrath
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
Präsident des VdSRV Verband deutscher StrafrechtsAnwälte
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