(Stuttgart) Hat der Arbeitgeber zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen und dem Arbeitnehmer ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, steht dem Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers kein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an der Versicherung zu, wenn der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht wirksam widerrufen hat.

Die Zulässigkeit des Widerrufs richtet sich allein nach der versicherungsrechtlichen Rechtslage im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherung, nicht nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Verstößt der Insolvenzverwalter mit dem Widerruf des Bezugsrechts gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, so kann dies grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen. Dieser ist jedoch weder auf Erstattung der Beiträge zur Direktversicherung noch auf Zahlung des Rückkaufswerts gerichtet, sondern auf Ausgleich des Versorgungsschadens.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 18.09.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. 3 AZR 176/10.

Der Kläger war vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2005 bei der späteren Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Diese sagte dem Kläger am 30. August 1999 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu. Dazu schloss die Schuldnerin eine Direktversicherung ab und räumte dem Kläger ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht ein. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin widerrief der beklagte Insolvenzverwalter gegenüber der Versicherungsgesellschaft das Bezugsrecht. Der Kläger hat den Widerruf des Bezugsrechts für unwirksam gehalten und den Insolvenzverwalter auf Übertragung der Versicherung in Anspruch genommen. Hilfsweise hat er im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der an die Versicherung gezahlten Beiträge, zumindest aber Zahlung des Rückkaufswerts der Versicherung verlangt.

Die Klage hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts, wie schon in den Vorinstanzen, keinen Erfolg, so Henn.

Der Widerruf des Bezugsrechts durch den Insolvenzverwalter ist wirksam, da die Unverfallbarkeitsfrist nach § 1b iVm. § 30f Abs. 1 BetrAVG im Zeitpunkt des Widerrufs nicht abgelaufen war. Der Insolvenzverwalter ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger im Wege des Schadensersatzes die Beiträge für die Direktversicherung oder den Rückkaufswert der Versicherung zu erstatten. Den Ersatz eines Versorgungsschadens hat der Kläger nicht verlangt. Deshalb war auch nicht zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Kläger berechtigt war, das Bezugsrecht zu widerrufen, noch kommt es darauf an, ob ein Schadensersatzanspruch wegen eines zu Unrecht erklärten Widerrufs des Bezugsrechts eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung ist.

Henn empfahl, die Entscheidung zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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