(Kiel) Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten im Verhaltens– und Leistungsbereich ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, bevor der Arbeitgeber eine Kündigung erklären kann. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer hinreichend Gelegenheit und Zeit geben, sein Verhalten zu verändern.

Darauf verweist der Recklinghäuser Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. jur. Jürgen Nagel, Mitglied in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.

Handelt es sich um eine Pflichtverletzung im Vertrauensbereich, ist eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich. Dazu gehören Straftaten des Arbeitnehmers wie z. B.

• Diebstahl

• Unterschlagung

• Annahme von Schmiergeldern

• Erschleichen oder Ändern von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

• Tätlichkeiten gegenüber dem Arbeitgeber

• grobe Beleidigungen von Vorgesetzten oder Arbeitgeber

• unsittliches Verhalten gegenüber Mitarbeitern oder Auszubildenden

• Verrat von Betriebsgeheimnissen

• schwere Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot

Eine Abmahnung ist deshalb entbehrlich, weil sie im Regelfall weder geeignet noch in der Lage ist, die Störung des Vertrauensverhältnisses zu beseitigen.

Demgegenüber ist auch im Vertrauensbereich eine Abmahnung erforderlich, wenn z.B. der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen durfte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber nicht als erheblich angesehen, weil es z.B. vom Arbeitgeber geduldet wurde. Das typische Beispiel ist das Dulden unerlaubter privater Telefongespräche vom Dienstapparat, die der Arbeitnehmer nicht bezahlt.

Die Abmahnung ist formfrei. Sie kann zwar auch mündlich erklärt werden, sollte jedoch aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen. Sie muss nicht als „Abmahnung“ bezeichnet werden.

Der Arbeitnehmer muss der Abmahnung aber zweifelsfrei entnehmen können, was ihm vorgeworfen wird. Schlagworte wie „Störung des Betriebsfriedens“, „Unzuverlässigkeit“, „mangelnde Arbeitsbereitschaft“ reichen nicht aus. Der Arbeitgeber muss die gerügten Vorfälle einzeln konkret mit Datum und gegebenenfalls auch mit Uhrzeit schildern. Er muss deutlich darauf hinweisen, dass bei wiederholten Vertragsverstößen Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Vereinzelt ist in Tarifverträgen vorgeschrieben, dass der Arbeitnehmer angehört werden muss, bevor die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen wird. Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer auch anhören, wenn ein Tarifvertrag das nicht vorsieht. Tut er das nicht, läuft er Gefahr, dass die Abmahnung wegen fehlender Anhörung formell unwirksam ist.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Nagel, empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

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Prof. Dr. jur. Jürgen Nagel
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
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