(Kiel) Bei einem Zusammenstoß eines Notarzteinsatzfahrzeugs mit bei grünem Licht querenden PKW wird der Schaden hälftig geteilt. 

Darauf verweist der Limburger Fachanwalt für Verkehrsrecht Klaus Schmidt-Strunk, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 4.12.2023 zu seinem Urteil vom 20.11.2023 – 17 U 121/23.

Ein Rettungsdienstfahrer darf eine Kreuzung bei Rot nur überqueren, wenn er sich überzeugt hat, dass er von den anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen wurde. Kommt es zur Kollision mit einem bei Grün querenden Fahrzeug, weil dessen Fahrer den Rettungswagen aus Unachtsamkeit übersehen bzw. überhört hat, kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht.

  • Sachverhalt:

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Das Fahrzeug der Klägerin und das Notarzteinsatzfahrzeug der Beklagten fuhren zeitgleich auf eine ampelgeregelte Kreuzung in Wetzlar zu. Die Ampel für das Klägerfahrzeug sprang auf Grün, die Ampel für das Einsatzfahrzeug zeigte zu dieser Zeit Rot. Da das vor dem Klägerfahrzeug stehende Fahrzeug trotz Grünlichts nicht anfuhr, wechselte der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs auf die linke Spur und fuhr in den Kreuzungsbereich ein. Dort kollidierte er mit dem Einsatzwagen, welches mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn fuhr. Bei beiden Fahrzeugen entstanden Sachschäden.

Die Klägerin begehrt 75% des Schadens von der Beklagten. Das Landgericht hatte nach Beweisaufnahme eine hälftige Schadensteilung ausgeurteilt. Das OLG hat auf die Berufungen beider Parteien bestätigt, dass von einer Haftungsquote von 50% zu 50% auszugehen sei.

Der Fahrer des Notarztwagens habe seine Sorgfaltspflichten bei der Wahrnehmung von Sonderrechten verletzt. Zwar sei ein Fahrzeug des Rettungsdienstes bei einer Einsatzfahrt von den Vorschriften der StVO befreit. Dennoch komme den Erfordernissen der Verkehrssicherheit stets Vorrang gegenüber den Interessen des Einsatzfahrzeugs am raschen Vorwärtskommen zu, führte das OLG aus. Je mehr der Sonderrechtsfahrer von Verkehrsregeln abweiche, umso höhere Anforderungen seien an seine Sorgfalt einzuhalten. Er dürfe deshalb eine Kreuzung nur dann bei Rot überqueren, wenn er sich überzeugt habe, dass die anderen Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen und sich auf seine Absicht eingestellt hätten. Solange bei einer querenden Straße mit mehreren Fahrspuren eine Fahrspur frei sei und nicht durch wartende Fahrzeuge blockiert werde, dürfe der Sonderrechtsfahrer nicht darauf vertrauen, dass er die Kreuzung gefahrlos überqueren könne. „Es gibt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (…) keinen allgemeinen Vertrauensgrundsatz zugunsten des bevorrechtigten Fahrers, durch Einschaltung des Blaulichts und des Martinshorns seien die übrigen Verkehrsteilnehmer schon in ausreichender Weise gewarnt“, führte das OLG aus.

Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs habe ebenfalls einen erheblichen Verkehrsverstoß begangen. Er habe nicht auf die Sondersignale des Einsatzfahrzeugs geachtet. Er habe auch nicht beachtet, dass das vor ihm auf der rechten Spur stehende Fahrzeug mit Grund stehengeblieben sein könnte. „Ein umsichtiger Fahrer hätte zumindest eine unklare Verkehrslage angenommen und seine Fahrweise entsprechend eingerichtet“, begründet das OLG weiter.

Angesichts des gleichwertigen Verursachungs- und Verschuldensbeitrags habe das Landgericht von einer Haftungsquote von 50% zu 50% ausgehen dürfen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Schmidt-Strunk empfahl, dies beachten und in derartigen Fällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

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